Page 32 - KANADA Magazin 2024
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ALBERTA
eise knirschen die Rei-
L Schnee, der sonst fast alle Foto: Nina Rehfeld
fen der Fatbikes auf dem
Geräusche verschluckt
hat. Es herrscht winter-
liche Stille in den Wäldern um Banff,
durch die wir auf den armdicken
Pneus unserer Mountainbikes kreu-
zen. Fast ist es zu still. Eben erst hat
unser Guide von dem legendären
Grizzly erzählt, der als „The Boss“
diese Wälder unsicher macht – der
größte und mit geschätzten 20 Jahren
älteste Bär der Gegend, der unter
anderem schon einen Zusammen-
stoß mit einem Zug wegsteckte. In
den Souvenirshops ziert er T-Shirts,
Kaffeetassen und Baseballcaps.
Heute lässt er sich allerdings nicht
blicken, während wir dem Fenland
Trail durch verschneite Kiefernwäl-
der und über kleine Bäche bis zur
Brücke über den Bow River folgen.
Beim Überqueren öffnet sich der
Blick auf die umliegenden Gipfel:
Cascade Mountain im Norden, Sul-
phur Mountain im Süden, Mount
Norquay im Nordwesten. Auf dem
teils überfrorenen Fluss unter uns
spiegeln sich der tiefblaue Himmel Erste Spuren: Auf einer Schneeschuhwanderung über zugefrorene Seen
und der schneebedeckte Gipfel des in Jasper kann man ganz eigene Wege gehen.
Mount Rundle im Südosten.
Die kanadischen Rockies zählen zu Krone ein: 1885 wurden die Quellen ein besonderes Erlebnis sind. Das
den malerischsten Flecken des nord- auf Anordnung Königs George V. Haus gilt bis heute als eine der ersten
amerikanischen Kontinents. Wer diese mitsamt einem 26 Quadratkilometer Adressen vor Ort.
Wildnis abseits der Massen genießen großen Areal als „Banff Springs Rund 60 Kilometer weiter nördlich
will, kommt am besten im Winter. Reserve“ der kanadischen Regierung liegt an einem der berühmten türkis-
Der Banff-Nationalpark eineinhalb zugewiesen und zum Erholungsort für blauen Gebirgsseen mit dem Château
Autostunden westlich von Calgary ist Touristen erklärt. Lake Louise eine weitere ikonische
der älteste Kanadas – in Nordame- Unterkunft. Der See auf 1.600 Meter
rika ist nur Yellowstone älter, der seit urz darauf eröffnete das Höhe ist meist von November bis
1870 besteht. Im Jahr 1883 stieß eine Banff Springs Hotel in dem Juni zugefroren – ein Paradies für
Handvoll Schürfer und Eisenbahn- K Naturschutzgebiet, dem Schlittschuhläufer. Das Château führt
arbeiter am Fuße des Sulphur Moun- späteren Banff-Nationalpark. Dieses passenderweise einen Schlittschuh-
tain auf heiße Quellen, die seit Jahr- „Schloss in den Rockies“ am Zusam- verleih, und so tummeln sich auf
hunderten von indigenen Gruppen menfluss von Bow und Spray River dem knapp einen Quadratkilometer
genutzt worden waren. Doch bereits bot luxuriöse Unterkunft in der großen Gletschersee in einer grandi-
1877 hatte die kanadische Regierung Gebirgswildnis. Zahlreiche betuchte osen Kulisse täglich Eishockeyspieler,
den hiesigen Ureinwohnern – darun- Besucher mieteten sich als sogenannte angehende Eistänzer und Spazier-
ter die Stoney, Kootenay, Siksika und Springers vom Spätfrühling bis zum läufer.
Tsuut’ina – die Landrechte entrissen Herbst für eine ganze Saison ein. Wem die Füße kalt werden, der
und sie in Reservate gezwungen. Nach einem Brand 1926 wurde das kann sich beim Afternoon Tea im
Als unter den weißen „Entdeckern“ Hotel neu aufgebaut – es verfügt nun Fairview Restaurant wieder auf-
der Quellen ein Streit um die Besitz- über 749 Zimmer sowie zwölf Restau- wärmen. Oder aber bei einem Hot
ansprüche auf das Thermalwasser rants und Bars. Es ist auch im Winter Toddy – einer Art Glühwhiskey – an
ausbrach, schaltete sich die britische geöffnet, wenn die heißen Quellen der Bar aus Eis, die das Hotel jedes
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