Page 23 - KANADA Magazin
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MANITOBA
 Wo schon vor 6.000 Jahren Bisonfelle   Glas gebaut, die Fassade soll an Wol-  kerung Kanadas wie ein roter Faden
 gegerbt und Saskatoonbeeren gesam-  ken erinnern. Gekrönt wird die atem-  durch die Räume.  Genozid und Ent-
 melt  wurden,  tummeln  sich  heute   beraubende  Architektur von einem   wurzelung, Residential Schools und
 Besucher im Forks Market. In den   Turm, der Hoffnung symbolisieren soll.   ungeklärte Morde an Frauen der First
 ehemaligen Hallen zweier Eisenbahn-  Nations kommen eindrucksvoll zur
 gesellschaften kann man handgemachte   Entwurzelung  Sprache und werden zu Schlüsselfragen
 Marmeladen und Liköre kaufen, Bur-  Ungewöhnlich ist auch das Innere   gebündelt, die letztlich alle Menschen
 ger, Sushi oder Pasta essen oder in „The   des  Menschenrechtsmuseums. Vom   betreffen.
 Common Bar“ ein einheimisches Fresh   schwarzen Basalt der Eingangshalle   Fast unmerklich bewegt man sich im
 Hop Ale probieren.   geht es hinauf zum Glasturm. Auf dem   Museum über die Brücken nach oben.
 Wer nach kulinarischen Höhenflü-  Weg ans Licht liegen zwölf durch Brü-  Der  Ausblick vom über 100 Meter
 gen Kalorien abbauen will, schwingt   cken aus  Alabaster verbundene Gale-  hohen, rundumverglasten Turm ist
 sich auf ein Mietfahrrad und erkundet   rien mit unterschiedlichen und interak-  spektakulär. Auf der einen Seite fahren
 den Exchange District. Über 150 far-  tiv aufbereiteten Schwerpunkten rund   kilometerlange Güterzüge vor der Sky-
 big gestrichene Backsteingebäude und   um das Thema Menschenrechte.   line von Downtown vorbei, auf der
 frühe  Wolkenkratzer mit opulenten   Dabei zieht sich die vergangene und   anderen Seite schlängelt sich der Red
 Türstöcken, Sprossenfenstern und   aktuelle Lage der indigenen Bevöl-  River  vor der Ruine  der  St. Boniface
 rostigen Feuerleitern erwecken den   Kathedrale nach Süden. Paare liegen im
 Charme des ausgehenden 19. Jahrhun-  Gras, es wird geangelt und relaxed.  So
 derts, als Winnipeg mit seiner Getrei-  modern und urban Winnipeg auch ist:
 debörse zu den bedeutendsten Städ-  Seine Lage inmitten der Prärie kann es
 ten Nordamerikas zählte. Damalige   nicht verleugnen.
                                            Forks Market: Die ehemaligen Eisenbahnhallen sind heute ein Paradies für Feinschmecker. 
 Geschäftigkeit hat sich zu heutiger Läs-
 sigkeit gewandelt. In den Erdgeschossen
 der Gebäude haben sich Kunstgalerien       Culinary Winnipeg
 und Lokale wie die „Peasant Cookery“
 oder die „Cordova Tapas and Bar“ ein-      Manitobas Metropole hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Hotspot für
 gemietet.                                    Foodies entwickelt. Eine Auswahl
 Nicht weit von hier liegt dem lokalen   MANITOBA
 Mythos nach die windigste Straßenecke      Nuburger, Forks Market,              den Chefs beim Zubereiten auf die Fin-
 Kanadas: Ecke Portage and Main. Folgt   Winnipeg  ilovenuburger.com             ger gucken. Die Präsentation der Spei-
 man der Portage Avenue nach Westen,        Hervorragende Burger (inklusive Veggie-  sen ist minimalistisch, der Geschmack
 stößt man auf den  Assiniboine Park   KANADA Guide  Varianten) mit nachhaltig produzierten   hervorragend.  Das Segovia wurde 2017
 Zoo, wo es wieder polarhaft wird. Das      Zutaten aus der Region. Schon die    unter die 25 besten Restaurants Kanadas
 Gläserne Tierwelt: Assiniboine Park Zoo.  Winnipeg
 weitläufige Areal beherbergt neben elf     Namensauswahl macht Lust auf die     gewält.
 Eisbären auch Moschusochsen, Kari-  Highlights  deftigen Happen: Wie wäre es mit dem
 ihrer erfolgreichen Reise im Jahr 1680   bus, Robben und Wölfe. Auf interak-  Nicht verpassen sollte man die   scharfen „Shang-Awesome“ oder dem   Peasant Cookery, 283 Bannatyne Ave,
 den Beginn des späteren Handels-  tive  Weise wird das nördliche Öko-  Winnipeg Art Gallery (wag.ca),   „Skinny Boy Burger“ mit Hummus?   peasantcookery.ca
 giganten. Die Museumsreplik wurde   system erklärt. Die Ausstellungsräume   das Manitoba Museum (manitoba-  Das Restaurant kocht mit lokalen und
 in England gebaut, segelte über den   sind in arktisches Blau getaucht, und   museum.ca), den Assiniboine Park   The Common, Forks Market,  saisonalen Zutaten, vieles wird tage-
 Atlantik und die Großen Seen, bis sie   blau schimmert auch das  Wasser des   Zoo (assiniboinepark.ca) und das   theforks.com/eat-and-drink/dine/the-  lang eingelegt, abgehangen und selbst
 schließlich in der Prärie Manitobas vor   Eisbärschwimmbeckens, unter dem ein   Canadian Museum for Human   common  gemacht. Mächtig, deftig, saftig, zart:
 Anker ging.  Glastunnel hindurchführt.  Rights (humanrights.ca). Weitere   Die Bar ist vor allem wegen ihrer Wein-  Schweinebraten mit geschmolzenen
 Drei Bären sind gerade im Wasser,   Infos unter tourismwinnipeg.com und   auswahl und den 20 frisch gezapften   Süßkartoffeln und Ahorn-Pekannuss-
 Windigste Ecke  sie dümpeln gemütlich, tauchen ele-    travelmanitoba.com/de.   Craft-Biersorten bekannt. Fünf stammen   Glasur bietet alles zugleich.
 Unweit von dort baute die Hudson Bay   gant oder drehen sich um die eigene   aus Manitoba, der Rest aus Kanada und
 Company 1835 das „Upper Fort Garry“,   Achse. Ihr Publikum steht staunend   Übernachtung  der Welt. Probieren wird großgeschrie-  Stella’s, stellas.ca
 aus dem sich später die Stadt Winnipeg   und fotografierend im Tunnel. Sonne   Zur Übernachtung empfiehlt sich   ben: Bevor man kauft, gibt es kleine Gra-  Kleines Bistro-Franchise aus Manitoba.
 entwickelte. Allerdings blickte das Areal   scheint auf das Wasser und wirft bunte   das moderne Inn at the Forks am   tisschlücke.  Das Gründerteam begann mit einer
 „The Forks“ am Zusammenfluss von   Lichtreflexe auf das Fell der Bären.   Ufer des Red River mit kostenlosem   Bäckerei und wurde mit hausgemach-
 Red und Assiniboine River da bereits   Am nächsten Tag taucht die Sonne   Fahrradverleih (innforks.com) oder   Segovia Tapas Bar, 484 Stradbrook   ten Backwaren so erfolgreich, dass es
 auf eine lange Geschichte zurück. Seit   den von Präriegras bewachsenen   das Fort Garry Hotel. Der luxuriö se     Avenue, segoviatapasbar.com   heute an verschiedenen Standorten auch
 dem Rückgang der Gletscher jagten   Hügel, auf dessen Kuppe das Cana-  Prachtbau von 1913 wartet mit   Hervorragende Tapas in lässiger Atmo-  warme Speisen anbietet. Moderne Diner
 und siedelten First Nations hier,   dian Museum for Human Rights steht,   geräumigen Zimmern und einem   sphäre. Wer an der Bar Platz nimmt, kann   mit freundlichem Personal. tl
 nutzten die Flüsse von den Great Plains   in betörend schönes Morgenlicht.   Architektonisches Highlight:   sehr guten Frühstücksbuffet auf
 das Canadian Museum for Human
 bis zur Hudson Bay als Transportwege.  Das  Museum  ist  aus  Kalkstein  und   Rights.    (fortgarryhotel.com).
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